Freitag, 5. Juli 2013

Kommentare zur neuen Förderpolitik von Pro Helvetia


"In unabhängigen Kunstprojekten treffen unterschiedliche KünstlerInnengenerationen aufeinander; sie sind nicht blosse Karriereleitern für junge KünstlerInnen, sondern erlauben die befruchtende Begegnung von Kunstschaffenden mit je unterschiedlichem Erfahrungs- und Wissensstand ohne institutionellen Erwartungsdruck. Professionalität misst sich bei selbstorganisierten Initiativen nicht ausschliesslich an Langjährigkeit, sondern genau umgekehrt in der Fähigkeit nomadisch, wandelbar und unvorhersehbar zu sein." - Gabriel Flückiger, Kurator [balk]  und Ortsverein, Bern

"Das neue "Förderinstrument" für selbst-organisierte Kunsträume ist unter klinischen Bedingungen bei Pro Helvetia gestaltet worden. Man zeigte sich resistent bis ignorant gegenüber unseren Vorschlägen und entwickelte schliesslich ein antiseptisches Förderkonzept. Dazu gesellt sich auch noch eine kleinkarierte Auslegung Kulturförderungsgesetzes mit dem Label "Nachwuchsförderung", das letztlich niemandem - auch nicht dem "Nachwuchs" - dient. Wir leben also nicht in einer Post-Knüsel-Zeit, die auf ein differenzierendes Bild hätte hoffen lassen können. Eher schon dreht man am Bürokratisierungsrad eine Stufe weiter. Schade, denn das ist nicht nur eine verpasste Chance sondern ein Stein mehr am Bein von uns selbst-organisierten KunstraumbetreiberINNEN." - Stefan Wagner, Corner College Zürich


"Nichts begriffen!" - Sara Izzo, Kunstraum Aarau


"Das neu präsentierte Papier von Pro Helvetia „Nachwuchsförderung Visuelle Künste“ widerspricht der seit einigen Jahren geltenden und zurecht wieder eingeführten Bestimmung, dass Kunstschaffende über 40 Jahre Stipendiengelder beantragen können. Die Alterslimite wurde sowohl auf städtischer wie kantonaler (Zürich) als auch auf Bundesebene (BAK) aufgehoben. Es wäre zu erwarten, dass diese Haltung auch in Bezug auf die Beiträge an Kunsträume eingenommen würde. Ist Pro Helvetia nicht informiert oder verschliesst sie sich diesen veränderten Rahmenbedingungen? Schwebt der Geist der Vergangenheit noch in den Köpfen und Räumen von Pro Helvetia herum?
Die Kunstlaufbahn kennt keine Pensionierung mit 65. In der Regel hört sie mit dem Tod auf oder beginnt manchmal danach erst richtig. Die geistige Vorgabe für das Pro-Helvetia-Paper orientiert sich am gängigen Karrieremodell und schliesst lebenslanges experimentelles, nicht galerieorientiertes Arbeiten aus. Die Inhalte und die Wahl der Themen von selbstorganisierten Kunsträumen lassen sich nicht bloss über Künstlerpersonal unter 35 abwickeln. Wenn die Alterlimite das Kriterium für die Förderung von Kunsträumen sein soll, dann wird die inhaltliche Autonomie, durch die sich die unterschiedlich aufgestellten Off-Räume, nomadischen Projekten und kuratorische Intitiativen auszeichnen, radikal eingeschränkt." - eggn’spoon


"Le MACT&CACT pense qu'il ne faudrait pas soutenir tous les ratés qui ont des velléités artistiques. Ce que PH a voulu ces dernières années c’était de créer un régime, un art d’état, aussi grâce à ce connard de Pius Knüsel: plus d’argent, plus de pouvoir. Mais…
Mais la culture est autre chose. Notre institution n’expose presque plus d’artistes suisses. Il sont devenus que des assistés sociaux, frustrés en manque d’argent d’état. Voilà!" -  MACT&CACT

"Unter die Pro Helvetischen Sinnwidrigkeiten der 'neuen alten' Nachwuchsförderung von Kunsträumen fällt auch die Bestimmung, Infrastruktur- und Betriebskosten – die für Kunsträume konstitutiv sind – von der Unterstützung gezielt auszuschliessen. Pro Helvetia stützt damit die altbekannte Privilegierung jener, die es (gerade noch) haben gegenüber jenen, die es sich schlicht nicht leisten können, ihre Off-Space-Projekte selbst zu berappen. Es kommen wieder nur die 'gut Betuchten' gut davon, ganz im Sinne des grassierenden 'First Class'- und V.I.P.-Hipes der letzten Jahre, der sich hier umso zynischer ausnimmt, zumal der Wind von gemeinnütziger Seite her weht, mit dem Gebahren innovative Alternativen zu fördern. Es liegt womöglich an der systembedingten Unvereinbarkeit – oder andersrum gesehen an der paradoxen Vereinbarkeit – von institutionellen Förderern und den vermeintlich Geförderten: an dem Wust aus Auflagen, Bedingungen, Dossier- und Formularzwängen, die einen Förderapparat legitimieren und aufrecht erhalten und die oder das zu Fördernde weiterhin prekarisieren. Der prekäre Status der Geförderten wiederum hält den Motor des Förderapparats am Laufen usw. Auch wenn dabei nicht immer klar ist, wer mit oder ohne welchen Wirt die Rechnung gemacht hat: Die Off-Szene wird weiterhin beharrlich und lustbetont, kreativ und vielfältig gegen diese problematische Förderpolitik aufbegehren, den Kunstbetrieb aufmischen und voranbringen – gebt gut Acht, was sie euch mitgebracht!" - Marc Munter, Kollektiv-Bern 

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