Pro
Helvetia hat gestern (4. Juli 2013) nach eineinhalb Jahren Bearbeitungszeit (!)
endlich ein Konzept (s.u.) präsentiert, wie selbst-organisierte Kunsträume
finanziell unterstützt werden sollen. Grundsätzlich begrüssen wir die
Initiative ein neues Förderinstrument für selbstorganisierte Kunsträume zu
schaffen.
Im
Detail zeigt sich aber, dass die Vorgaben für die Unterstützung der
Arbeitspraxen und Ansprüchen von selbstorganisierten Kunsträumen in keinerlei
Weise Rechnung trägt. Im Gegenteil, die Möglichkeit für selbstorganisierte
Kunsträume am Förderprogramm teilzuhaben wird einsgeschränkt bis verhindert!
Folgende Kriterien erscheinen uns als praxisfremd bis widersprüchlich:
1.
Junge Initiativen, welche erfahrungsgemäss auch schwerpunktmässig junge
Positionen zeigen, können kaum eine professionellen Leistungsausweis
innerhalb von drei Jahren erbringen. Bis dahin sind die "jungen
Initiativen" nämlich bereits nicht mehr jung, aber auch noch nicht so
erfahren, dass sie professionell sind.
2.
Mit der zunehmenden Ökonomisierung der Städte wird es schwieriger für
neue Initiativen fixe, konstante Standorte anzumieten. Viele junge Initiativen
sind daher nomadisch oder zeitlich begrenzt (Zwischennutzungen). Das Kriterium
„kontinuierlicher Ausstellungsbetrieb“ würde viele Initiativen von vornherein
ausschliessen.
3.
Die Eingabefrist 1. September und 1. März (mit detaillierten Angaben zu den
förderungswürdigen KünstlerInnen für das Folgejahr) wird für die meisten
selbst-organisierten Kunsträume eine unüberwindbare Hürde sein. Im Gegensatz zu
den mittleren Kunstinstitutionen sind die „Off-Räume“ selten in der Lage
so langfristig zu planen. Auch liegt es nicht im Interesse von
selbst-organisierten Kunsträume so lange im Voraus zu planen, da die Stärken
von selbst-organisierten Kunsträumen gerade in der Flexibilität und Spontanität
liegt, auf junge Positionen zu reagieren.
4.
Die geforderte Zusammensetzung des Eingabedossiers bedeutet immensen
bürokratischen Aufwand. Dieser wäre von RaumbetreiberInnen zu leisten, welche
selten bis nie für ihre Arbeit entschädigt werden: Eine weitere Hürde für
selbstorganisierten Kunsträume.
5.
Anstatt darüber nachzudenken, wie heute Produktionen tatsächlich ablaufen und
auch über die Bezahlung von künstlerischer Arbeit nachzudenken, fährt man im
bewährten alten System weiter: Künstlerischse wie kuratorische Arbeit wird
prekarisiert, obwohl wir immer auf dieses Problem hingewiesen haben.
6.
Das mit dem neuen Kulturförderungsgesetz nur noch der Nachwuchs (was ist damit
denn genau gemeint?) gefördert wird, ist hoch problematisch. Damit wird ein
(Alters)-Klassensystem eingeführt, das ältere Kunstschaffende (d.h. sechs Jahre
nach Ausbildungsende, bis 35 Jahre) keine Unterstützung mehr erhalten.
Wir
sind enttäuscht, dass die VertreterInnen von selbstorganisierten Kunsträumen
nicht direkt bei der Entwicklung des Förderinstruments involviert waren,
respektive nur um ihre Einschätzungen gefragt wurden. Das von Pro Helvetia viel
gerühmte "Dialogische Prinzip" war eine Einbahnkommunikation von oben
nach unten!
Das
vorliegende "Förderinstrument" wird in dieser Form wohl wenig an der
prekären Situation von Basisräumen verändern noch den Nachwuchs fördern.
Vielmehr treibt es einen imaginären Generationskeil zwischen die
Kunstschaffenden!
Umso wichtiger erscheint uns einmal mehr die Unterschriftenaktion für die Petition "Hundert Räume geben mehr Licht als ein Leuchtturm" voranzutreiben. Unterschreiben Sie jetzt und setzen Sie ein Zeichen gegen diese falsche Förder/Kulturpolitik!!!
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